Der unsichtbare Rucksack: Warum Mental Load auch Unternehmen etwas angeht

Mental Load ist die kognitive Belastung, die durch die Organisation des Familienalltags entsteht und Tätigkeiten wie mitdenken, planen, koordinieren, umfasst: Kurz gesagt: die To-Do-Liste im Kopf. Studien zeigen: Noch immer fühlen sich vor allem Frauen für die Aufgaben des gemeinsamen Alltags zuständig, tragen also auch mehr Mental Load. Für unsere Reihe „Short but smart“ haben wir mit Ronja Hoffacker gesprochen, die zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Louisa Plasberg die Firma equaly gegründet hat. equaly bietet Unternehmen und Paaren Lösungen zur Vereinbarkeit.

Ronja, man könnte meinen, „Mental Load“ sei eine Privatangelegenheit, die nur die Familie angeht. Warum ist Mental Load überhaupt für Unternehmen ein Thema, bei allem, was diese sonst so stemmen müssen?

In unserer Gesellschaft ist es kulturell verankert, dass Beruf und Familie getrennt gesehen und gelebt werden sollen. Doch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel verändert. Die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau existiert nicht mehr, Berufs- und Privatleben gehen immer mehr ineinander über. Auf der einen Seite nehmen wir belastende häusliche Sorgen und Pflichten gedanklich mit an den Arbeitsplatz, auf der anderen Seite checken wir am Abend berufliche E-Mails und arbeiten weiter.

Das hat Auswirkungen: Das gleichzeitige Jonglieren zu vieler Bälle führt zu einer Überbelastung der Mitarbeitenden, zu Energie- und Konzentrationsverlust und immer mehr auch zu steigenden Krankentagen. Zu viel Mental Load schlägt sich damit auf die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nieder. Menschen trauen sich dann auch weniger eine Führungsrolle zu, da sie sich bereits zu belastet fühlen.

Übrigens kann es auch im Unternehmen selbst zu einer Belastung durch berufliche Mental-Load-Aufgaben kommen. Geburtstagskarten schreiben, Geschenke organisieren, Kekse besorgen: Oft werden diese Tätigkeiten als selbstverständlich hingenommen, die Person, die diese Aufgaben übernimmt, bekommt in vielen Fällen kaum Anerkennung dafür. Dabei sind das für den Team-Zusammenhalt wichtige Aufgaben.

Was können Unternehmen denn konkret tun, um ihre Mitarbeiter*innen zu unterstützen und damit auch von zu viel Mental Load im Berufsalltag zu entlasten?

Hier ist es superwichtig, wie transparent die Führungskräfte mit ihren eigenen Belastungen umgehen. Sprechen diese von sich aus ihre eigenen privaten Verpflichtungen an, sagen sie zum Beispiel: „Ich gehe heute früher, weil ich meine Mutter zu einem Arzttermin begleite“, dann schaffen sie ein Klima, in dem sich auch die Beschäftigten trauen, ihre privaten Belastungen zu erwähnen.
Eine gute Möglichkeit ist es außerdem, regelmäßige, informelle Räume für Gespräche zu schaffen. Zum Beispiel ein Teamfrühstück zu Beginn der Woche oder eine Wochen-Abschluss-Runde, in der jede und jeder Gelegenheit bekommt zu erzählen, wie die Woche war. Was lief gut, was weniger? Daraus kann dann vielleicht auch ein privates Thema zur Sprache kommen, das niemand zuvor so auf dem Schirm hatte. Wenn dieses Vertrauen, sich zu äußern, da ist, dann kann man sich im nächsten Schritt zusammensetzen und ganz individuell Lösungen finden. Denn wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht, gibt es keine Standardlösung, die für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen passt.

Angenommen, eine Mitarbeiterin steckt in einer akuten Belastung oder sieht eine akute Belastung heraufziehen, wie z. B. eine kranke Angehörige oder den Schulstart des zweiten Kindes, was wäre da wünschenswert?

Unternehmen könnten hier das Gespräch mit der Mitarbeiterin suchen und gemeinsam mit ihr verschiedene Szenarien durchgehen: Wenn es gut läuft, wie sieht es dann aus? Wenn es nicht gut läuft, was passiert dann? Es ergibt sich dann meist ein Gespräch, in dem sich die Mitarbeiterin wirklich gesehen fühlt und in der Sicherheit, dass ihre Arbeitgeber hinter ihr stehen. Szenarios bieten eine Planbarkeit in einer schwer zu planenden Situation. Denn häufig ist im Vorfeld ja unklar, wie lange und intensiv Angehörige gepflegt oder Kinder in eine neue Betreuungssituation begleitet werden müssen.

Viele Möglichkeiten, Mitarbeitende zu entlasten, kosten erstmal nichts. Die Voraussetzung ist allerdings ein offenes Klima, die Bereitschaft umzudenken und sich ehrlich zu fragen: Was ist bei uns wirklich möglich? Es muss gar nicht alles möglich sein, aber wenn die Karten offen auf dem Tisch liegen, können beide Seiten gemeinsam zu einer Lösung kommen.

Und: Auch für Führungskräfte ist es nicht leicht, wenn sie sich verletzlich zeigen und private Themen offen ansprechen sollen, denn das kollidiert häufig mit unserem Bild davon, was Führung ausmacht. Im ersten Schritt hilft es daher, etwas mutig auszuprobieren, zum Beispiel mit einer wöchentlichen Runde und der Frage „Wie war eure Woche?“ Nach ein paar Monaten zeigt sich dann, ob sich diese kleine Veränderung positiv auswirkt.

Foto: fastforward fotografie

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